Schlossrundgang

Kommen Sie mit auf einen Rundgang durch fast tausend Jahre Geschichte von Klingenstein und lassen Sie sich mit ein bisschen Vorstellungskraft in das mittelalterliche Leben zurückversetzen.
Beginnen wir mit dem heutigen Schlossgebäude. Es wurde 1756 von dem damaligen Burgherrn Freiherr Franz von Bernhausen auf das Fundament des Nordflügels der ehemaligen Nordburg gesetzt. Die jüngste der drei Burgen war bereits 1588 von den Herren von Bernhausen verlassen worden und hatte ausgedient. So ist nur der tonnengewölbte Keller aus dem 15. Jahrhundert von der Nordburg bis heute erhalten geblieben. Das darauf gebaute Gebäude ist für die Rokokozeit recht schlicht gehalten. Seinen markanten Turm an der Westseite erhielt es erst 1898.
Der Apotheker Dr. Ernst Gustav Leube aus Ulm hatte 1860 das damals zum Abriss stehende Schloss nebst den Burgruinen erworben. Sein Sohn Gustav Leube brachte um 1900 herum die gesamte Anlage in die jetzige Form, die heute von der Leube-Stiftung instandgehalten wird.
Die rechts anschließende Schlosskapelle „Zur Heiligen Dreifaltigkeit" gehört der katholischen Gemeinde Blaustein. In ihr finden sich einige Rokoko-Elemente an der Decke und Empore. Ihr Hochaltar trägt das erste, 1746 geschaffene Gemälde des Kirchenmalers Johan Baptist Enderle aus Söflingen. Ein weiterer Kunstschatz ist die gotische Holzskulptur „Anna Selbdritt" aus dem 15. Jahrhundert. Sie stellt die Großmutter Anna und Maria mit dem Jesuskind dar.
Links vom Schlossgebäude fügte sich ein Querbau, der ehemalige Westflügel der Nordburg an. Sein Giebel reichte bis an den Bergfried-Felsen der Oberburg. Eine Verbindung zwischen den Burgen bestand jedoch nicht. Wir aber können nun über die freigewordene Fläche des Querbaus durch das um 1900 erbaute sogenannte Nizza-Törle zur Mittelburg gehen. Diese hatte zum Blautal hin hohe umlaufende Mauern mit Wehrgängen und Ecktürmen. Gehen wir den Pfad weiter hoch, kommen wir auf das Tor der Mittelburg zu. Im Torbogen rechts sind noch die behauenen Steine zum Einschieben der Riegelbalken zu erkennen. Das damals dahinter liegende Gebäude war ein sogenanntes Torhaus: dreistöckig, unterkellert und ca. 12 x 25 m groß. Sein Giebeldach reichte bis zur Ringmauer der Oberburg über uns, worin sich ein Übergang Teil der Mittelburg zu dieser befand.
Von hier geht es weiter über den ehemaligen Hof der Mittelburg Richtung „Schalenturm". Rechts neben uns verlief ein dreistöckige Wehrgang weiter. Links liegt die weiterhin genutzte Urnengrabstätte der Familie Leube. An dieser Stelle befand sich eine kleine Torstube, ein Raum für die Torwache. Oberhalb der abschließenden Mauer war ebenfalls ein Wehrgang mit einigen Gusslöchern oder sogenannten „Pechnasen", die zum Abwehren von Eindringlingen dienten. Darunter sehen wir noch das Mitteltor, ein Spitzbogentor, mit einer Breite und Höhe von je 3,5 m. Dahinter kann man sich eine Zugbrücke vorstellen, über die man seinerzeit auf den Zuweg zur Burg gelangte. Er führte in einer spitzen Rechtskurve durch die Schlucht ins Blautal hinunter. Der Schalenturm wurde erst später, Mitte des 15. Jahrhunderts, angebaut.
Hier kehren wir nun um und gehen zurück, die Treppe hinauf, in die Oberburg, den ältesten Teil der drei Burganlagen. Oben angekommen sind wir im ehemaligen Burghof, der ringsherum von einer breiten Ringmauer umschlossen war. Rechterhand ging die Nordwand des Burggebäudes daraus hervor. Die Grundfläche dieses Baus betrug etwa10 - 15 m und stellte den Wohnraum. Das war nicht allzu groß, was durch die Mehrzahl der Stockwerke ausgeglichen wurde. Sie enthielten neben dem Saal, mehrere Wohnstuben und Wirtschaftsräume sowie eine später angebaute Burgkapelle. Hinter diesem Gebäude befand sich ebenfalls ein Tor, vor dem eine Zugbrücke einen 25 m breiten Burggraben überquerte.
Linkerhand vom Burghof ragte der Bergfried empor, der vorwiegend als Wachturm diente. In seinem unteren Stockwerk können wir uns ein Burgverlies vorstellen, im Zwischenstock die Wächterstube und oben, den Beobachtungsstock unter einem Zeltdach mit Ausguckfenstern zwischen den Zinnen. Seine tatsächliche Höhe betrug vom heutigen Grund-mauersockel aus ca. 15-20 m: Ein idealer Ausguck bis zu den Nachbarburgen im Blautal. Heute nennen wir diesen übrigge¬bliebenen Sockel „Tanzboden". Denn der Sage nach tanzen hier um Mitternacht die Geister einstiger Rittersleut'.
Nun beginnen wir den Abstieg zum Schlosshof , wo wir am Ende unseres Rundgangs angelangt sind. Um das Bild der drei ineinander gewachsenen Burgen zu vervollständigen, muss man sich noch den bereits erwähnten Burggraben vorstellen, der vor dem Tor der Oberburg lag. Man hatte diesen Hals¬graben gegen den „Lindenberg" geschaffen, um die Burg an ihrer schwächsten Stelle vor Angriffen zu schützen. Entstanden ist er durch den Abbau des weichen Kalkfelsens für Baumaterial. Später, als Graben und Zugbrücke keinen Sinn mehr ergaben, setzte man das Forstwarthaus der „Herrschaft Klingensteins" an deren Stelle.
Wir hoffen, Sie haben einen Einblick in die karge und doch beschauliche Zeit des Mittelalters gewinnen können und freuen sich mit uns über den Erhalt dieser Anlage.
